...es geht weiter...
Teil 6 – Stacking!
Kommen wir nun zu etwas spezielleren Themen im Rahmen der Makrofotografie.
Ein Problem bei größeren ABM ist ja eine gleichzeitig deutlich verringerte Schärfentiefe. Bei Makroaufnahmen sind oft nur Millimeterbereiche in der Schärfe – etwas wenig, selbst bei z.B. kleinen Insekten.
Ein geringer Schärfebereich hat einerseits zwar den Charme einer ggf. künstlerischen Anmutung, aber will man viele Details vom Motiv sehen, so wird es schwierig.
Denn auch weiteres Abblenden ist nicht hilfreich: bei Blendenwerten im zweistelligen Bereich kommt es schnell zu einer Verschlechterung der Schärfe.
Das kommt durch Beugungseffekte der einfallenden Lichtstrahlen an den Blendenkanten – die sogenannte Beugungsunschärfe setzt ein. Bei Makroaufnahmen gibt es ohnedies noch eine „effektive“ Blende, die noch mindestens um den Faktor des ABM größer ist, als die „nominale“ Blende – die auf dem Objektiv steht, bzw. eingestellt wird. So beträgt die effektive Blende bei APS-C, einer nominale eingestellten Blende von f4 und einer Bildbreite (Motiv!) von etwa 23mm (also etwa Sensormaß!) bereits f8! Bei f11 sind wir schon bei einer effektiven Blende von f22!
Hierdurch wird deutlich, dass kleine Blendenöffnungen zwar den Schärfebereich vergrößern, jedoch ab einer gewissen Grenze (die obigen Werte sind ggf. in der Praxis leicht verschieden – je nach Licht, Motiv, etc…) eher kontraproduktiv sind.
Es gibt mittlerweile ja auch Objektive mit direkt passendem Kameraanschluss, die durch aus ABM von 2-5-fach ermöglichen sollen. Hier möchte ich aber zu bedenken geben, dass es bereits bei einem ABM von 2 kaum noch für ein komplett scharf abgebildetes Insekt ausreichen dürfte. Die mit solchen Objektiven erzeugten Fotos weisen oft nur sehr kleine Schärfezonen auf und/oder sind zudem auch von der Belichtung eher grenzwertig. Es wird nämlich eben gerne abgeblendet, um die Schärfezone zu vergrößern – und damit wird es richtig duster! Die oft eingesetzten Blitze sind meist ohne Diffusoren und bringen starke Reflexe. Also alles zwar GROß, aber eben selten SCHÖN!
Abhilfe schafft hier das sogenannte Stacking.
Stacking heißt übersetzt so viel wie Stapeln…und genau das macht man im Prinzip auch. Man fotografiert mehrere Bilder in unterschiedlichen Schärfeebenen und legt diese anschließend (mittels geeigneter Software) wieder passgenau übereinander. So erhält man (wenn alles gut geht!) Bilder mit großer Tiefenschärfe.
Beim Stacking gibt es mehrere Methoden: man kann (eine halbwegs ruhige Hand vorausgesetzt) durchaus einige Bilder aus der Freihand machen. Am einfachsten bewegt man dabei den eigenen Körper leicht vor oder zurück (Millimeterbereiche!) und erzeugt damit verschieden Schärfezonen. Die heutigen Kameras erzeugen mit Leichtigkeit mehrere Bilder in der Sekunde, so dass eine kurze Serie ausreichen sollte.
Ein anderes „Standard“-Verfahren ist die Nutzung des Stacking mittels eines beweglichen Schlittens, auf dem Die Kamera montier wird. Dabei bewegt man den Schlitten (und damit eben Kamera-Objektiv-Kombination) um winzige Längen vom oder zum Motiv hin und macht bei jeder Änderung eine Aufnahme (bei DSLR möglichst noch mit Spiegelvorauslösung um Vibrationen und damit auch Unschärfen zu vermeiden).
Das geht natürlich eigentlich nur bei statischen Motiven! Ein lebendes Insekt wird nur selten lange genug ruhig sitzen bleiben…da ist eine schnelle Serie aus der Hand im Ergebnis meist besser. Auch benötigt man für die Methode neben einem Schlitten auch ein stabiles Stativ auf dem das Ganze montiert wird.
Die Luxusversion dieser Methode ist nun noch ein Schlitten, der automatisch gesteuert vor- oder zurückfährt und dabei auch jeweils noch die Kamera auslöst.
Das geht mittels Schrittmotoren und der Ansteuerung über eine entsprechende Software und ist bei sehr kleinen Objekten die vermutlich einzige Möglichkeit brauchbare Bilder zu erlangen. Denn je kleiner das Motiv ist, je kleiner sollten die Schritte in der Schärfeänderung ausfallen – und das geht durchaus bis hinab in den Bruchteil eines Millimeters! Das bekommt man mit händisch verstellbaren Schlitten nicht in ausreichender Güte hin. Die Stackingsoftware benötigt (ähnlich wie bei einer Montage von Panoramafotos) auch immer eine kleine Überlappung der Schärfebereiche. Nur so erkennt sie die Änderungen präzise genug.
Und nicht vergessen: durch die drohende Beugungsunschärfe macht man solche Stacking-Aufnahmen besser mit offenen, oder nur geringfügig abgeblendeten Objektiven! Dabei schrumpft dann der Schärfebereich nochmals extrem zusammen und ist händisch in den Einstellungen des Schlittens kaum noch zu bewerkstelligen.
Egal, wie man nun seine Bildserie bekommen hat (die kann von einer Handvoll –bei manuellem Stacking ohne Schlitten- bis zu hunderten –bei automatisierter Methode- reichen), nun will man diese Bilder ja miteinander verrechnen.
Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten: es gibt (kosten-) freie Software oder auch käuflich zu erwerbende Programme. Zudem gibt es noch geringe Unterschiede in den Möglichkeiten der einzelnen Programme. Ich möchte hier nicht mit den Algorithmen der Bilder-Verrechnung nerven (viel weiß ich auch gar nicht dazu), aber allgemein gesagt: Programme wie Zerene-Stacker , Helicon-Focus oder auch neue Möglichkeiten in Luminar-Neo, etc… alle sollten die grundsätzlichen Möglichkeiten bieten.
Eine gute und ausführliche Übersicht über die aktuellen Möglichkeiten bei den Programmen gibt es z.B. hier:
https://www.fotowissen.eu/focus-stacking-software-test/
Verzeiht mir daher bitte, dass ich NICHT auf alle Programme eingehen kann. Ich selbst nutze seit Jahren eine Vollversion (also gekauft) von Helicon-Focus, erhalte Updates dazu kostenlos und bin mehr als zufrieden.
Ich werde auch jetzt hier nicht auf Details dieser Software eingehen – bringt denen, die die Software noch nicht besitzen nicht viel und ich möchte auch keine Empfehlung für ein bestimmtes Programm geben. Jeder hat da sicher seine eigenen Vorlieben. Ich habe vor Jahren Zerene-Stacker ausprobiert, aber MIR lag Helicon-Focus von der Bedienung her einfach besser. Das ist ähnlich wie auch bei anderer Software: ähnliche Möglichkeiten, aber hat man SEINEN Weg gefunden, erscheint eine andere Software eher „sperrig“ und fremd.
Aber schauen wir uns prinzipiell an, was jetzt passiert:
Man lädt den Bilderstapel ins Programm und hat nun oft Möglichkeiten verschiedene Berechnungsarten auszuwählen. Diese dazu noch mit Möglichkeiten Parameter zu ändern.
Wozu das?
Je nach Motiv kann es nützlich sein die Bilder auf unterschiedliche Art und Weise miteinander zu verrechnen. Es gibt Motive, die relativ „glatt“ sind und damit einfacher in den Überlagerungen sind. Und es gibt Motive, die z.B. viele Hinterschneidungen haben…da kommt eine solche Software auch schon mal ins straucheln.
Es hilft, die Anleitungen zu studieren und auch einfach mal verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren. „Fehler“ manifestieren sich oft in merkwürdigen Artefakten oder auch in merkwürdig unscharfen Säumen um feine Strukturen.
Letzteres kommt häufig vor, wenn die Software nicht genug Bildmaterial im „Auslauf“ des Bildes hat. Also ruhig ein paar mehr Aufnahmen-auch im Bereich vor und hinter dem Motiv- machen. Dann tritt dieser Effekt selten bis gar nicht auf. Auch eine zu geringe Überlappung in den Schärfezonen von Bildern bedingt solche Erscheinungen.
Die Nachbearbeitung von gestackten Aufnahmen benötigt also in der Regel deutlich mehr Zeit als die „normaler“ Fotos. Verschiedene Möglichkeiten der Berechnung plus Parameter-Einstellungen je nach Motivart machen es nicht einfach und man sollte sich ruhig Notizen machen, wie man welche Fotos erstellt hat. Da man diese Programme ggf. nicht so häufig nutzt, muss man nicht jedes Mal erneut eine Lernkurve durchlaufen.
Zur Bearbeitung zählt natürlich auch noch die „normale“ Nachbearbeitung, die eigentlich jedes Foto durchlaufen sollte! Also grob gesagt: Beschnitt prüfen, Entrauschen, Farben und Kontraste anpassen und die Schärfe korrigieren…
Tja…und wenn mal was funktioniert, dann kommt man auch zu Ergebnissen:
Ein "Totfund" einer Motte im Treppenhaus - leider schon reichlich ramponiert. Aber die Details sind doch faszinierend - oder?
Teile des Flügels dieser toten Motte...
...oder diese kleine Goldfliege mit gerade mal 8mm Länge... (Aufnahme mit Smartphone!)
...wird zu diesem Foto:
...und DAS ist noch lange nicht das Ende...
...es wird detailreicher!
Alle diese Aufnahmen sind mit einer automatischen Stacking-Schiene ("Rail") gemacht.
Ich hoffe, der kleine Beitrag hat Euch geholfen und einige Klarheiten zum Thema Stacking gebracht. Versucht es mal aus – viele Programme gibt es ja auch als Testversionen und mal den fotografischen Horizont erweitern macht richtig Spaß!
Geeignete Motive finden sich sicher auch in Eurer Umgebung…
Im abschließenden Teil dieser kleinen Reihe befassen wir uns noch mit sehr großen ABM und einer dazu passenden preisgünstigen Alternative im Bereich der Objektive. Man muss nicht unbedingt viel ausgeben um hochwertige Aufnahmen in einem große ABM zu erhalten!
Zudem befassen wir uns noch kurz über die Belichtung bei Stacking-Aufnahmen – das kann bei den damit verbundenen geringen Abständen und Ausmaßen im Motivbereich durchaus „tricky“ werden!
Also bis zum nächsten Mal…