5. Es wird Nacht!
Heute möchte ich Euch auf einen kleinen, nächtlichen Ausflug mitnehmen. Erste Bildergebnisse dieser Nacht sind auch beigefügt.
Nach gefühlt endlosem Warten auf besseres Wetter, verheißt die Website
clearoutside (gibt es auch als App!) endlich eine klare Nacht mit wenig Wind! Wind hatte mir bereits einige nächtliche Sitzungen verdorben: er rüttelt nicht nur am Objektiv und führt damit tlw. zu Unschärfen, sondern er sorgt eben auch für eine gehörige Luftbewegung – und bei Telebrennweiten führen diese Verwirbelungen zu heftig hopsenden Sternen!
Aber in der Nacht zum 31. Dezember sollten die Sterne eben günstig stehen…
Der Mond verschwindet kurz nach 21 Uhr (und mondlos sollte die Nacht schon sein, sonst ist der größte Lichtverschmutzer auch noch am Himmel) und ich mache mich auf den Weg…das „kleine Besteck“ in den Rucksack gepackt: K1 mit dem kleinen und leichten DA 300mm f4.0, Stirnlampe (mit Rotlicht!), Smartphone (für die Apps), Ersatzakku!, Stativ, Mütze und Handschuhe (es soll leichten Frost geben!) und warme, lange Unterwäsche!
Ich beschließe den gesamten Weg (wenige Kilometer) zu Fuß zu gehen (da konnte ich mir zum Abendbrot auch noch ein Gläschen Rotwein genehmigen)…dabei gewöhnen sich meine Augen auch schon mal an die Dunkelheit. Nach wenigen hundert Metern habe ich die hellen Straßen hinter mir und bewege mich auf den Stadtrand zu. Nun geht es durch ein Stückchen Wald…die Stirnlampe benötige ich nicht – meine Augen haben sich schon gut an die Dunkelheit adaptiert. Der ausgewählte Platz liegt am Rande eines alten (wieder aufgefüllten und renaturierten) Steinbruchs mit freiem Blick nach Süden. Hier ist die Lichtverschmutzung am Horizont relativ gering (was man bei uns eben schon als gering bezeichnen kann). Zudem ist es als Aussichtspunkt hergerichtet und bietet eine bequeme Bank!
Stativ aufgestellt, Kamera einschalten und zunächst den Astrotracer kalibrieren. Pentax hat in der K1 nicht nur ein GPS verbaut, sondern auch noch einige, sogenannte Hall-Sensoren, die das Magnetfeld der Erde erfassen. Zusammen sorgen sie für eine Nachführung des Sensors entgegen der Erddrehung – so werden Strichspuren vermieden. Ja nach Brennweite reicht das von Sekunden (Tele-Objektive) bis zu Minuten (Weitwinkel). Das ersetzt keine astronomische Nachführung, aber man staunt, was damit schon alles möglich wird. Und man hat es ja auch immer schon dabei!
Die Kalibrierung geht relativ schnell über die Bühne: die Kamera wird in drei Achsen um mindestens 180° langsam gedreht und die Sensoren merken sich die Position und Ausrichtung der Kamera – das GPS steuert den Standort (Längen- und Breitengrad) dazu und schon weiß mein treuer Begleiter wo er sich befindet, in welche Richtung er schaut und errechnet daraus die Sensorbewegung.
Nun noch die Kamera auf das Stativ montiert, den Fernauslöser eingesteckt und die lange (und kalte) Nacht kann beginnen…
Mein Hauptziel heute Nacht ist der große Orionnebel.
Nach dem Debakel der letzten zwei male, möchte ich ihn heute doch mal vernünftig auf den Chip bannen können.
Der Orionnebel ist ein Emissionsnebel - das bedeutet, dass die riesige Wolke aus Wasserstoffgas (24 Lichtjahre Durchmesser) durch starke Hitze selber leuchtet. Im Gegensatz zu Reflektionsnebeln, die nur das Licht der umgebenden Sterne widerspiegeln. Der Orionnebel ist etwa 1340 Lichtjahre entfernt und ist mit einer Magnitude von gut 4 auch der hellste Nebel bei uns am Himmel.
Bei den letzten Versuchen, war der Wind zu heftig und führte nur zu unscharfen Aufnahmen. Durch seine Helligkeit ist der Orionnebel relativ leicht zu sehen. Man findet ihn im Sternbild Orion, etwas unterhalb des linken Gürtelsterns. Die 300mm Optik bleibt heute bei 300mm – ich werde also mal nicht den Crop-Modus der Kamera nutzen und mit quasi 450mm fotografieren. Bei den 300mm brauche ich (aufgrund der dann größeren Sensorfläche) nicht so oft nach zu justieren. Diese Nachjustage ist natürlich nach eine Anzahl Bilder notwendig, weil der Sensor ja irgendwann mal in der Endposition angekommen ist. Dann rückt man das Objekt durch einen leichten Schwenk der Optik wieder in seine „Startposition“ und das Spiel beginnt von Neuem.
Der programmierbare Fernauslöser wird auf eine Serie von 20 Bildern mit jeweils 15 Sekunden eingestellt. Bei den 300mm Brennweite schafft der Astrotracer die 15s locker (er könnte wohl auch 25-30, aber ich möchte lieber kein Risiko eingehen) und 20 Bilder reichen vom fast linken Sensorrand bis zum rechten – dann muss wieder auf Anfang justiert werden. Durch das spätere Stacken der Bilder ergibt sich sowieso ein Crop und selbst die 300mm lassen den Orionnebel doch noch recht zierlich erscheinen. Ich blende auf f5.0 ab, um eine etwas bessere Schärfe zu erhalten.
Nun wird noch scharfgestellt – am besten auf einen hellen Stern in der Nähe. LiveView eingeschaltet auf 100% Ansicht und dann einfach den Entfernungsregler des Objektivs so einstellen, dass der Stern möglichst klein erscheint. Bei dieser Aktion sieht man bereits wie sehr auch nur geringste Erschütterungen zu Tanzbewegungen des Stern führen!
Die Entfernungseinstellung nun besser nicht mehr berühren…
Zur Aufnahme habe ich mir überlegt drei Reihen zu machen: eine mit ISO 800, eine mit ISO 2000 und eine mit ISO 4000. Beim Orionnebel gibt es im Zentrum einige helle Sterne, die bei zu viel Licht diesen zentralen Bereich schnell ausfressen lassen!
Ich nehme nun gemütlich Platz und mache die erste Serie von Bildern – anschließend Kontrolle bezüglich Schärfe und ob der Astrotracer seinen Job gut macht (hat er!). Solche Kontrollen sollte man zwischendurch immer mal machen – sonst ist evtl. die Arbeit der Nacht für die Katz! Der Astrotracer reagiert nämlich auch empfindlich auf Störungen des Erdmagnetfeldes durch Wasser- oder Stromleitungen oder größere Mengen Metall in der Nähe. Dann ist die Nachführung ggf. nicht mehr so genau und es kommt schneller zu Abweichung vom Kurs und damit zu Strichspuren.
Tja…nun kann man seinen Gedanken nachhängen und die Sterne betrachten – alle paar Minuten das Objektiv wieder ausrichten und den Timer des Fernauslösers neu starten. In der Nähe höre ich ab und zu ein paar Gänse, die sich wohl um den besten Schlafplatz streiten oder vielleicht auch nur im Schlaf „sprechen“. Die Lichter der Stadt sind im Osten zu sehen und der Himmel im Westen ist schon recht hell durch die Nähe zu Ratingen und Düsseldorf.
So vergeht die Zeit…am Ende einer Bilderserie nehme ich noch ein paar „Darkframes“ auf. Dabei wird das Objektiv abgedeckt und es werden Aufnahmen mit denselben Einstellungen gemacht – diese helfen später das Eigenrauschen der Kamera herauszurechnen. Da das Objektiv eigentlich für APS-C gerechnet ist sind auch ein paar Aufnahmen vom Typ „Flatframe“ notwendig. Diese helfen bei der Zurückrechnung der Vignettierung.
Insgesamt erstelle ich 130 Aufnahmen mit ISO 800, 93 mit ISO 2000 und 38 mit ISO 4000. Belichtungszeiten also etwa 32 Minuten, 23Min und 9,5Min.
Und schon sind mit Aufbau und Bilderstellung gut 1 ½ Stunden vergangen. Die Handschuhe mit den abklappbaren Fingern haben sich jedenfalls bewährt. Zwischendurch gibt es immer mal wieder eine stärkere Böe, aber der Wind bleibt im Ganzen bei etwa 2-3 Bf (Beaufort), was einer sanften Brise (wenn Blätter an den Bäumen wäre, würden sie sanft rascheln) entspricht und durchaus akzeptabel ist.
Bei der Bearbeitung am nächsten Tag, schnappe ich mir erst einmal nur die 130 Aufnahmen mit ISO 800 und siehe da, es sieht recht hübsch aus:
Das Bild ist natürlich bearbeitet, aber für eine Astro-Aufnahme könnte man es fast "out-of-cam" nennen.
Auch die Farben wurden nicht verändert. Man sieht auch deutlich den noch relativ gut durchzeichneten Kern des Nebels.
Fortsetzung folgt direkt im Anschluß...das Forum schafft leider nicht mehr als 10000 Zeichen!