Was macht ein gutes Foto aus? Anregung zur Selbstreflexion

Fotohobby

Well-known member
Was macht ein gutes Foto aus?
Ich weiß es nicht!
Aus gelegentlich recht prätentiös daherkommendem Kommentar in der Bildergalerie schließe ich, dass diese Frage für manches Forenmitglied schon abschließend beantwortet ist. Ich bin noch auf der Suche, wohl wissend, dass es darauf keine einfache Antwort geben wird, weil viel zu viele - auch sehr subjektive - Faktoren mitspielen.
Ich will auch keine Diskussion zu dieser Frage anstoßen, denn es wird keine allgemeingültige Antwort geben.
Selbst schmökere ich immer wieder gerne in den Standardwerken bekannter Fotografen. Und so ist mir auch wieder einmal das - im "nichttechnischen Teil" - zeitlose Werk "Die Neue Foto-Lehre" von Andreas Feininger (1971) in die Hände gefallen, und es lohnt sich, seine Gedanken ab S. 324 zur Ausgangsfrage zu lesen und seine eigenen zu hinterfragen.
Vielleicht besitzt jemand dieses Buch oder findet es in seiner Stadbibliothek und schmökert mal darin.

Als "Appetitanreger" möchte ich noch sein berühmtestes Zitat wiedergeben:


„Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird auf jene schockierend wirken, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht.“

– Andreas Feininger -
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, dass es jede Person anhand ihrer Maßstäbe selbst entscheidet, was für sie ein gutes Foto ausmacht. Profifotografen /-innen haben einen anderen Maßstab und denken anders als Hobbyisten.
Ein Foto, das für viele andere toll ist (BQ, Perspektive, Format etc.) muss für jemand selbst nicht toll sein (sehe ich an mir ;)). Es kommt auch darauf an, weshalb das Foto gemacht wurde: Erinnerungen für sich selbst, für andere, zum Geldverdienen, für Wettbewerbe, zum Veröffentlichen, u. a.. Es kommt z. B. auch darauf an, was man zeigen will, eher das was man tatsächlich gesehen hat oder das, was man sehen wollte. Bei letzterem greift man bei der Bildbearbeitung mehr oder weniger tief in die Änderungstasche. Da kommt es auch auf das Leistungsvermögen des Bearbeitungsprogrammes an.
Ich beschreibe mal so: Ein gutes Foto ist das, was du selbst! für gut befindest.
 
Mir gefällt das Zitat von Feininger und ich gehe da vollkommen mit. Ich glaube auch, dass es immer im Auge des Betrachters liegt, was er/sie für ein gutes Foto hält, denn der eigene Geschmack und persönliche Vorlieben spielen immer eine Wesentliche Rolle.

Unabhängig davon, welchen Stellenwert man den technischen Voraussetzungen persönlich einräumen möchte, sollten gewisse Parameter eingehalten werden, oder aber gezielt (d.h. Mit dem Anspruch, gewollt einen bestimmten Effekt zu erzielen) nicht eingehalten werden.
So ist für ein naturrealistisches Foto für mich schon wichtig, das Belichtung und Schärfe dem Motiv angemessen eingesetzt werden. Sensorflecken gehören entfernt. Auch ein gerader Horizont und etwa eine stimmige vertikale Ausrichtung sind hier für mich wichtig. Will ich mit dem Bild eine Stimmung einfangen und wiedergeben, gilt die Aussage von Feininger für mich. Hier kann man durch den Einsatz bestimmter, z.B. auch analoger Linsen oder aber Foto-und Bearbeitungstechniken Stimmungen verstärken. Das ist nicht für alle Betrachter dann auch ein ansprechendes Ergebnis. Damit kann ich aber gut leben.

Völlig irrelevant für die Beurteilung eines Bildes von Amateurfotografen ist für mich die technische Ausstattung. Entsprechende Ausführungen dazu in Forumsbeiträgen finde ich meistens irritierend. Die Ausrüstung des Fotografen ist immer nur Hilfsmittel und richtet sich nach den persönlichen Möglichkeiten des Einzelnen. Die beste Ausrüstung ist die, die man sicher beherrscht und situationsbedingt einsetzen kann. Und heute sind Kameras und Objektive technisch so ausgereift, dass man - als Laie - Qualitätsmängel meistens nicht wahrnehmen kann, ohne in eine extreme Vergrößerung zu gehen. Und das mache ich nicht. Ich bin Betrachter und kein Qualitätsbeauftragter der Herstellerfirmen. Aussagen wie „ich fotografiere nur mit Meiner Leica und Festbrennweiten“ (immer wieder gehört von einem Teilnehmer an meinem ersten Workshop), geben allenfalls den Anspruch des jeweiligen Fotografen an sein eigenes Werk wieder und sind kein Maßstab für andere. Davon abgesehen stehen Wunsch und Wirklichkeit bei einigen dieser Experten dann auch oftmals in einem Missverhältnis 😂. So jedenfalls 2015 in dem besagten Workshop. Der Empfehlung, unsere Zoomobjektive im Canal Grande zu versenken und auf Festbrennweiten umzusteigen, ist jedenfalls keiner gefolgt…

An Wettbewerbsfotos wird wieder ein ganz anderer Maßstab gelegt. Damit werde ich nicht immer warm. Manches ist mir einfach zu seelenlos, auch wenn die Kriterien wohl erfüllt sind. Andere Wettbewerbsbeiträge sprechen mich auch auf eine emotionale Weise an und gefallen. Spannend ist es immer. Beobachtet man verschiedene Wettbewerbe unterschiedlicher Medien, stellt man auch fest, dass nur gelegentlich ein und dasselbe Bild in mehreren Wettbewerben punktet, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Bilder mehrfach eingereicht werden.

Wie du siehst… deine Ausgangsfrage entwickelt sich für mich eher zum philosophischen Thema. Und es gibt mit Sicherheit andere Meinungen dazu. Und das ist auch gut so.
In diesem Sinne… beste Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich schaue mir ständig Fotos von Anderen an, im Netz, in Zeitschriften, im Freundeskreis, hier im Forum. Welche Fotos fesseln mich?, und warum? Und wie kann ich diese Faszination auch in meine eigenen Fotos bringen? Lehrbuchwissen spielt dabei für mich eine sehr untergeordnete Rolle – und ist oft sogar im Weg!
 
Lehrbuchwissen spielt dabei für mich eine sehr untergeordnete Rolle – und ist oft sogar im Weg!
Es geht mir nicht um Lehrbuch"wissen", sondern um mögliche gedankliche Raster, nach denen ich (m)ein Bild bewerten kann.
Feininger nennt z.B. die folgenden "Grundeigenschaften", die man "immer in guten Fotos, nie aber in schlechten" findet:
Blickfang, Sinn, Ausstrahlung, Grafische Reize.
"Wenn ein Foto gut ist, hat es einige oder alle dieser Eigenschaften"
Was er jeweils unter der genannten Grundeigenschaft versteht, führt er ausführlich aus.
 
Es geht mir nicht um Lehrbuch"wissen", sondern um mögliche gedankliche Raster, nach denen ich (m)ein Bild bewerten kann.
Feininger nennt z.B. die folgenden "Grundeigenschaften", die man "immer in guten Fotos, nie aber in schlechten" findet:
Blickfang, Sinn, Ausstrahlung, Grafische Reize.
"Wenn ein Foto gut ist, hat es einige oder alle dieser Eigenschaften"
Was er jeweils unter der genannten Grundeigenschaft versteht, führt er ausführlich aus.
Du machst mich neugierig… nun habe ich mir das Buch bestellt…. 😅
 
Die Frage nach der Objektivität und Validität von Bildbewertungen beschäftigt mich bereits seit geraumer Zeit. Nach eingehender Überprüfung komme ich zu dem Schluss, dass die Bewertung von Bildern stark von individuellen Meinungen, Stimmungen und vorherrschenden Strömungen abhängig ist. In meinen Recherchen bin ich auf eine interessante Seite gestoßen, auf der auch L. Wiese sich mit diesem Thema auseinandersetzt und vier Artikel dazu verfasst hat.

Die Thematik der Bildbewertungen ist von herausragender Bedeutung in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Psychologie, der Sozialwissenschaften und der Medienwissenschaften. Es geht dabei nicht nur um die oberflächliche Einschätzung eines Bildes, sondern auch um die tiefer liegenden Mechanismen, die die Wahrnehmung und Interpretation von visuellen Reizen beeinflussen.

Insbesondere in der Psychologie ist die Frage nach der Objektivität von Bildbewertungen von Interesse. Untersuchungen haben gezeigt, dass individuelle Erfahrungen, kulturelle Hintergründe und persönliche Präferenzen eine entscheidende Rolle bei der Bewertung von Bildern spielen. Diese Erkenntnisse werfen ein Licht auf die Komplexität des menschlichen Geistes und dessen Wechselwirkung mit visuellen Reizen.

Des Weiteren ist die soziale Dimension von Bildbewertungen von großer Bedeutung. In einer zunehmend vernetzten Welt sind Bilder nicht mehr nur individuellen Interpretationen ausgesetzt, sondern werden auch durch soziale Medien und die Meinungen anderer geformt. Dies führt zu einem Phänomen, das als soziale Validierung bezeichnet wird, bei dem die Bewertung eines Bildes stark von der Zustimmung oder Ablehnung durch die Gemeinschaft beeinflusst wird.

Die Arbeit von L. Wiese, wie sie in den erwähnten Artikeln dargestellt wird, trägt dazu bei, dieses komplexe Thema weiter zu erforschen und zu verstehen. Durch eine detaillierte Analyse verschiedener Aspekte von Bildbewertungen liefert sie wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die hinter unseren Wahrnehmungen und Bewertungen von Bildern stehen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Bewertung von Bildern ein faszinierendes und multidimensionales Thema ist, das eine Vielzahl von Disziplinen miteinander verbindet. Die Untersuchung der Objektivität und Validität von Bildbewertungen trägt nicht nur zum Verständnis der menschlichen Wahrnehmung bei, sondern wirft auch wichtige Fragen über die Rolle von Bildern in unserer Gesellschaft auf.

Hier die 4 Artikel von L.Wiese

Als Buchtipp kann ich folgendes beitragen:
Das grosse Lehrbuch - Bilder analysieren
von Martin Zurmühle (Autor)
mit weiteren Bücher zu diesem Thema 4 Augen-Modell.
 
@Pfanni
Vielen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung zum Thema. In aller Kürze: Ich stimme Deinen Ausführungen vollinhaltlich zu.
Der Hinweis auf das Phänomen der Sozialen Validierung scheint mir vor allem auch für Teilnehmer an einem Fotoforum sehr bedenkenswert.
Die Wiese-Artikel hatte ich auch schon vor einiger Zeit gelesen, auch ein Zurmühle-Band zum Doppelten Dreieck bzw. zum Vier-Augen-Modell steht in meinem Bücherregal. Trotzdem tue ich mich nach wie vor schwer, meine Bilder, bevor ich sie im Forum einer Beurteilung aussetze, nach dem Modell "doppeltes Dreieck" oder dem Vier-Augen-Modell Zurmühles zu bewerten.
Dazu kommt, dass für mich(!), die vier Grundeigenschaften nach Feininger verständlicher sind als die Kriterien der Zurmühle-Modelle.
Aber eine Auseinandersetzung damit ist auf jeden Fall lohnenswert.
Ziel müsste sein, dass ich immer begründen könnte, warum ich ein Bild gut oder weniger gut finde und nicht nur sagen kann "es gefällt mir" oder "es gefällt mir nicht".
 
Hallo Fotohobby,wie recht hast du wenn du schreibst "Ziel müsste sein ,das ich immer begründen könnte,warum ich ein Bild gut oder weniger gut
finde und nicht nur sagen kann"es gefällt mir " oder "es gefällt mir nicht".
Wäre es nicht schön wenn wenigstens ab und zu in den Kommentaren hier in der Galerie solche Begründungen zu finden wären ?
Gruß Jüsti
 
Hallo Fotohobby,wie recht hast du wenn du schreibst "Ziel müsste sein ,das ich immer begründen könnte,warum ich ein Bild gut oder weniger gut
finde und nicht nur sagen kann"es gefällt mir " oder "es gefällt mir nicht".
Wäre es nicht schön wenn wenigstens ab und zu in den Kommentaren hier in der Galerie solche Begründungen zu finden wären ?
Gruß Jüsti
Sh. Dein Bild zum Thema Strand und Gebirge ;):giggle:
 
Hallo Fotohobby,wie recht hast du wenn du schreibst "Ziel müsste sein ,das ich immer begründen könnte,warum ich ein Bild gut oder weniger gut
finde und nicht nur sagen kann"es gefällt mir " oder "es gefällt mir nicht".
Wäre es nicht schön wenn wenigstens ab und zu in den Kommentaren hier in der Galerie solche Begründungen zu finden wären ?
Gruß Jüsti
Hallo Jüsti,

Danke für Deine Rückmeldung! Ich hatte ja ganz am Anfang bei der Eröffnung dieses Threads geschrieben, dass ich nicht wüsste, was ein gutes Bild ist.

Das gilt natürlich nur insofern, als die Bandbreite dessen was andere z.B. für gut befinden, ich aber nicht unbedingt, sehr groß und letztlich sehr subjektiv ist.

Ich sehe hier täglich Bilder - das liegt in der Natur eines (jeden) Forums - die ich nichtssagend oder aus anderen Gründen nicht gut finde, und letzteres könnte ich auch meist begründen..

Aus Respekt vor anderen Meinungen gebe ich keine negativen, wertenden Rückmeldungen. Denn ich sehe meine Sicht zu diesem Thema nicht als letzte Wahrheit. Und man stellt ja wohl in der Regel ein Bild hier ein, weil man es für gut befindet.

Ob ich(!) ein Bild gut oder schlecht finde und warum, könnte ich Dir häufig genau sagen. Ich habe für mich mittlerweile recht klare Kriterien (die sich – es wird Dich nicht überraschen – sehr an der Sichtweise von Feininger orientieren und ich hoffe natürlich, dass man das meinen Bildern auch ein bisschen ansieht). Aber muss ich das im Fall des meiner Meinung nach schlechten Bildes dem Bildautor/der Bildautorin unbedingt sagen? Er/sie hat das Bild ja wohl deshalb hier eingestellt, weil er/sie es gut findet.

Und das respektiere ich. Ich erlaube mir höchstens einen vorsichtigen, hoffentlich als wertschätzend empfundenen Verbesserungsvorschlag.

Sollte ich ausdrücklich zu kritischer Rückmeldung aufgefordert werden, würde ich diese auch geben.

In allen Foren, in denen ich bisher aktiv war, konnte ich beobachten, dass sich viele Mitglieder doch der Sichtweise der (positiv ausgedrückt) „meinungsstarken“ Mitglieder unterordnen (das, was Pfanni als „Soziale Validierung“ angesprochen hat) oder zumindest kaum gegenhalten. Es wäre schön, wenn wir dieses Phänomen hier in diesem ansonsten tollen Forum unterdrücken könnten.

Wenn es hier im Forum einen Thread gäbe, in dem höchstens einmal pro Woche und anonymisiert ein Bild zur ausdrücklich gewünschten Bildkritik eingestellt würde, dann könnte ich mir vorstellen, dass das für alle(!) lehrreich sein könnte. Man könnte ohne Rücksicht auf seine „Foren-Buddies“ seine Gedanken äußern und das eigentlich sehr schwierige Geschäft der konstrukiven, begründeten Bildbesprechung üben.
 
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